Entstehungsgeschichte Pfingstturnier

Wie aus einem Arbeitsverhältnis ein Riesenturnier entstand

Quelle Chronik: 75 Jahre SV Blau-Weiß Langförden

Das kann kein Zufall sein: BW Langförden feiert im Jahre 2002 sein 75-jähriges Jubiläum, und Europa führt den Euro ein. Die europäischen Staaten erweisen sinnbildlich dem kleinen Sportverein ihre Reverenz. Als die großen Staatsführer wie Helmut Kohl, Francois Mitterand und Maggie Thatcher über einen Zusammenschluss der europäischen Nationen erst nachdachten, wurde der Schulterschluss auf dem Bomhof schon praktiziert. Mit Jugendlichen aus Norwegen, Schweden, Dänemark, Island, Schottland, England, Holland, Belgien, Frankreich, Schweiz, Ungarn, Ukraine, Polen und Russland wurde eifrig am Haus Europa gebaut. 

Während Politiker feierliche Reden ohne große Wirkung schwangen, zeigte das Langfördener Handeln eine lebenslange Wirkung – die Gastfreundschaft bei den Pfingstturnieren bleibt bei allen Teilnehmern in ganz Europa unvergessen. Hoffentlich greift die Beharrlichkeit des internationalen Pfingstturniers irgendwann auch auf den Euro über, damit auch dieser vom leichten Spielgeld zum harten Euro reift.

Das Pfingstturnier gehört mittlerweile zu Langförden wie das Oktoberfest zu München oder der Stoppelmarkt zu Vechta. Doch kaum einer weiß, wo eigentlich die Wurzeln des „Internationalen“ liegen. Der Stein des Anstoßes zum Internationalen C-Jugendturnier kam im Jahre 1980 ins Rollen. Damals brachte der Unternehmer Josef Frye den Vorschlag ein, mit der D-Jugend eine Italienfahrt zu unternehmen. Frye arbeitete zu dieser Zeit noch als Mitarbeiter im Außendienst bei der italienischen Firma Mobilclan. Der Verkaufsleiter des Herstellers von Möbeltüren aus Eiche war Ilvano Moricelli. Über ihn knüpfte Frye Kontakte zum AC Conegliano, einem kleinen Verein in der Nähe von Venedig. Der fünftägige Aufenthalt mit umfangreichem Rahmenprogramm wurde komplett von Fryes Arbeitgeber gemanaget. Die D-Jugend-Kicker um Ralf Hermann und Matthias Averbeck wurden im Hotel untergebracht. Frye erinnert sich genau an die hervorragende Betreuung: „Als am ersten Abend für uns im Speisesaal gedeckt wurde, kehrten unsere Spieler ungläubig um, da sie dachten, es wäre für eine Hochzeitsgesellschaft aufgetischt worden.“ Neben dem obligatorischen Testspiel, das die Blau-Weißen knapp verloren, standen eine Firmenbesichtigung und eine Fahrt nach Venedig auf dem Programm. „Wir sind in unseren BWL-Pullis im Gänsemarsch durch Venedig marschiert“, erinnert sich Frye an das für die jungen Kicker einmalige Erlebnis.

Die eigentliche Idee zu den „Internationalen“ resultierte daraufhin aus der Einladung an den AC Conegliano zu einem Gegenbesuch in Langförden. Josef Frye weiß, wem die Langfördener das alljährliche Fußballfest auf dem Bomhof zu verdanken haben: „Herbert Farwick brachte den Vorschlag ein, ein internationales Jugendturnier zu veranstalten, wenn man schon ein Team aus Italien einlade.“ Zunächst einmal stieß die Idee im Vorstand und Jugendausschuss auf Skepsis, da so ein Event natürlich auch auf die Geldbörse drücken würde. „Wir haben uns alle erst ganz ungläubig angeguckt“, berichtet Frye. Doch dass sich Mut, Investition und harte Arbeit in vollem Maße gelohnt haben, daran zweifelt heute keiner mehr.

Aber mit dem „Ja“ zum Turnier stand der Festakt noch lange nicht. „Die Schwierigkeit war, Mannschaften zu bekommen. Man hat genommen was man kriegte und danach das Teilnehmerfeld aufgestellt“, verdeutlicht der damalige Jugendwart Aloys Faske. Auch hier hatte Josef Frye seine Finger im Spiel. „Josef hat uns an den Eurosportring herangebracht, so kam etwa Fram Reykjavik“, sagt Faske. Neben dem Profiklub aus Island, der vom 24-fachen Nationalspieler Johannes Atlasson gecoacht wurde, komplettierten der JFC Woodhouse Colts aus England sowie die beiden holländischen Teams Kolping Boys Oudorf und OWIOS Oldebroek das ausländische Starterfeld des ersten Pfingstturniers im Jahre 1981. Ausgerechnet der AC Conegliano trat nicht an: Zwei Tage vor Turnierbeginn traf ein Fax aus Italien ein – der Verein sei verkauft worden.

 

Und der Langfördener Jugendausschuss um Organisationschef Aloys Faske bestand die Feuertaufe mit Bravour. „Natürlich lief am Anfang nicht alles rund, da wir die Erfahrung noch nicht hatten. Wir haben viel improvisiert aber alle haben kräftig mitgezogen“, erinnert sich BWL-Motor Faske an den ungebremsten Tatendrang seiner Organisationscrew.

 

Und Josef Frye ergänzt zur Präzisionsarbeit der Blau-Weißen: „Wir haben das alles sehr minutiös geplant. Wir haben die Spieler von ihren Gastfamilien abgeholt und zum Sportplatz gebracht. Das war schon ein wenig übertrieben. Aber im Laufe der Jahre stellte sich auch die Routine ein.“

Arno Muhle: Wenn schon, dann richtig ...

In zwei Jahrzehnten der Internationalen am Bomhof kann natürlich nicht alles perfekt laufen. Dass in den Jahren nach 1983 auf dem Bomhof zu Pfingsten auf Sparflamme gekocht und an Masse gespart wurde, rief einen Mann auf die Bildfläche, ohne den das Pfingstturnier heute gar nicht mehr auszudenken wäre: Arno Muhle. Der 50-jährige Geschäftsführer stieg 1988 ein, nachdem im Jahr zuvor auf Grund des 60-jährigen Vereinsjubiläums inklusive zweier Sportwochen das Pfingstturnier mit nur drei ausländischen Teams extrem klein gefahren wurde. „Ich bin damals eingetreten, weil ich meinte, dass mein Sohn so ein Turnier in einem richtigen Rahmen erleben sollte. Ein internationales Turnier mit zwei französischen und einer polnischen Mannschaft ist doch kein internationales Turnier“, so Muhle. Und der tatendurstige Neueinsteiger drückte den Internationalen sofort seinen Stempel auf. Über seinen Arbeitgeber Schlumberger forcierte er Kontakte nach Schweden, Norwegen und Schottland, so dass 1988 plötzlich neben zwei holländischen und einem französischem Team der Aberdeen Lad’s Club aus Schottland und Vadmyra Idrettslag aus Norwegen auflief. Für Arno Muhle, der im Laufe der Jahre zum Macher der „Internationalen“ wurde, genoss der angemessene Rahmen absolute Priorität: „Wir haben versucht, einen immer größeren Rahmen zu schaffen. Das Gesamtbild muss stimmen. Man will den Leuten schließlich auch was bieten. Und fünf oder sechs ausländische Mannschaften sind Minimum, sonst wird man dem Anspruch eines internationalen Turniers nicht gerecht.“   

Solch ehrgeizige Ansprüche bedeuten jede Menge Arbeit. Ein Turnierende ist Planungsbeginn für  das nächste Turnier. Die Schwierigkeiten liegen dabei vor allem in der Kontaktierung ausländischer Vereine: „Wir geben uns viel Mühe mit den Einladungen. Wir fertigen Präsentationsmappen in mehreren Sprachen an, mit Prospekten über Langförden, den Kreis und das Oldenburger Münsterland. Die schickt  man ein und bekommt dann häufig keine Antwort.“ Doch von solchen Rückschlägen ließ sich der Arno Muhle bislang nicht entmutigen. Im Gegenteil, das europäische Jugendfestival nahm immer größere Ausmaße an. Der Turniermanager blickt gerne an die bisherigen Fußballfeste zurück: „Die Mannschaften waren bis jetzt immer begeistert dabei. Auch die Unterbringung in den Gastfamilien ist immer gut angekommen. Hier und da gab es mal Klagen der Gasteltern, aber zu 95 Prozent verlief es ohne Probleme.“

 

Auf die Frage nach seinem Highlight in 22 Jahren will er sich nicht so richtig festlegen: „Die Zeit mit Aberdeen und den Norwegern war schön, doch für mich war jedes Turnier etwas Besonderes, auch wenn das Wetter nicht immer gut war.“ Sichtlich beeindruckt war er vor allem von dem Gastspiel von Dynamo Kiew aus der Ukraine: „Kiew war sicher ein Höhepunkt. Nicht nur auf dem Turnier, auch die Fahrt mit den Jungs nach Bremen mit der Besichtigung der Mercedeswerke und des Weser-Stadions.“

Wichtig ist für Arno Muhle, dass die Kontakte gepflegt werden. „Wir bekommen  schließlich Einladungen zurück. Und wir könnten noch viel mehr reisen, wenn die Unterstützung der Eltern da wäre.“ So hat sich eine echte Freundschaft zu Henny Bakker aus Rotterdam entwickelt, der neben Sparta Rotterdam 

und TOGB Berkel schon viele niederländische Teams zum Bomhof vermittelt hat.  „Man muss Ansprechpartner im Ausland finden."

Hennie ist ein Mann, der auch Lust dazu hat und auch sportlich was drauf hat. Der war schon zehn Mal hier“, meint Muhle. Über Bakker, der mit einer Spanierin verheiratet ist und öfter in Spanien weilt, stellte er im Hinblick auf das Jubiläumsturnier Kontakte in den Süden her. Die Zusage von zwei spanischen Teams stand, scheiterte jedoch daran, dass sie keine Verlängerung der Ferien bekamen. „Da hat man kurz vor Weihnachten zwei Klubs, muss die Einladungen stoppen und dann platzt alles wie eine Seifenblase“, verdeutlicht Muhle die organisatorischen Schwierigkeiten eines jeden Turniers. Auch mit der Teilnahme einer türkischen Truppe aus Antalya gab es Probleme. „Die Frau unseres Ansprechpartners konnte unsere Post nicht lesen und hat die weggeschmissen. Und ihr Mann wundert sich, dass nichts kommt.“

 

Doch Visionär Muhle blickt schon in die fernere Zukunft: „Wir werden uns verstärkt dem Eurosportring oder einer anderen Organisation anschließen. Nächstes Jahr wollen wir wieder eine Topmannschaft haben.“ Muhle plant auch, mit der Gestaltung einer Homepage Werbung für das Pfingstturnier zu machen. „Wenn andere Vereine sehen, dass Leeds United und Dynamo Kiew in Langförden gewonnen haben, kommen die doch von ganz alleine. Über das Internet hätten wir eine ganz andere Breite an Ansprechpartnern. Das ist im Moment noch unser Manko.“   

 

Trotz der vielen Arbeit steckt noch jede Menge Spaß hinter der Sache, dennoch denkt er schon mal über seinen Abgang nach. 2005 will Arno Muhle einen Schlussstrich ziehen: „Bis zum 25. Turnier mach ich weiter, aber dann muss irgendwann Schluss sein. Man muss auch jungen Leuten mit neuen Ideen eine Chance geben.“

 

Die Teilnehmerliste des Pfingstturniers liest sich mittlerweile wie das „Who is Who“ des europäischen Spitzenfußballs. Mit IFK Göteborg, Sparta Rotterdam, Leeds United und Dynamo Kiew trugen sich international renommierte Klubs in das Langfördener Gästebuch ein. Gleich die dritte Auflage des Jugendturniers im Jahre 1983 hatte es in sich. Neben dem dänischen Zweitligisten Svendborg FB und Uefa-Cupsieger IFK Göteborg mischten Werder Bremen und der Hamburger SV mit. Im Vorfeld des Turniers träumten alle von der aktuellen Neuauflage des Uefa-Cup-Finals zwischen dem HSV und Göteborg, doch daraus wurde nichts. Die als Mitfavoriten gehandelten Schweden kosteten ihre Rolle als überlegener Turniersieger aus, doch der HSV blieb früh auf der Strecke. Ein junger Schwede blieb dabei fortan als „Zauberkönig von Langförden“ in Erinnerung. Auf der Begrüßungsfeier im Festzelt mussten die Youngster den Ball so oft wie möglich auf dem Fuß tanzen lassen. Nachdem der Werderaner Marco Gemee mit 252 Zählerfolgen schon als sicherer Sieger festzustehen schien, folgte der Auftritt von Urban Nilsson: Der Blondschopf ließ unbeeindruckt von der Hektik im Festzelt das Leder 1619 Mal in Serie auf dem Fuß hüpfen, ehe ihn sein Betreuer Olsson stoppte. Nilssons persönlicher Rekord soll übrigens bei 6000 Ballkontakten in Serie gelegen haben.

Gleich im nächsten Jahr tauchte mit Leeds United ein englischer Spitzenklub am Bomhof auf. Ein Team, an das sich der frühere Jugendwart und „lebenslange“ Turniersprecher Aloys Faske besonders gerne zurückerinnert: „Von allen Vereinen ist mir vor allem Leeds United im Gedächtnis geblieben. Die kamen gleich mit vier Beobachtern, und nach einem knallharten Ausleseverfahren mussten sich am Saisonende bis auf vier Spieler alle einen neuen Verein suchen.“ Im „Traumfinale“ ließen die Engländer den Blau-Weißen beim 3:0 nicht den Hauch einer Chance. Für die BWL-Minimalisten, die mit nur drei Turniertreffern – alle von Bernhard Meyer erzielt – ins Finale gelangt waren, reichte es nur zu einem spektakulären Seitfallzieher des kleinen Andy Wohlers, der heute aktuelle Sportler des Jahres im Verein ist. Letztlich standen Langfördens Jugendfußballer schon drei Mal im Finale, doch ein Turniersieg blieb ihnen vergönnt.

 

Das Pfingstturnier lieferte natürlich viele unvergessliche Momente. Zum Beispiel die Sintflut vor dem Finale 1997, als der Regen am Sonntagabend die hochsommerlichen Turniertage wegspülte. Bei dieser 17. Auflage war eh alles ein wenig anders. So fühlte sich Aloys Faske einem Scherz ausgesetzt, als ihm ein 1:0-Erfolg der Langfördener Zweiten gemeldet wurde – in siebzehn Jahren Pfingstturnier hatte es zuvor jedes Jahr in jedem Spiel mächtig Haue gegeben.

 

Noch nie wurde das Pfingstturnier von einem Team so beherrscht wie im WM-Jahr 1998, als erstmals ein Sechzehnerfeld an den Start ging. Nach über 1800 Kilometern Anreise spazierten die Internatsfußballer von Dynamo Kiew aus der Ukraine ganz locker durch die Abwehrreihen am Bomhof. Ohne ein einziges Gegentor geschweige denn Punktverlust marschierten die Landsmänner von Schewtschenko, Skripnik & Co. ins Finale, in dem man den VfL Oythe locker mit 2:0 bezwang. Über Geschäftspartner des Hagstedters Friedhelm Fischer kam der Kontakt mit dem ukrainischen Serienmeister zu Stande. „Fidi hatte geschäftlich in Kiew zu tun. Da hab ich ihm einfach mal eine Einladung mitgegeben“, erinnert sich Bernd Taske. Wie der Profiklub aus der 2,6-Millionen-Metropole in Langförden auftrat, war schon eindrucksvoll. Die langen Jungs aus Kiew, die von ihrer Statur in jede Herrenmannschaft gepasst hätten, durften als einziges Team Samstagabends nicht in die Turnier-Disco.

 

Vielleicht mit Ausnahme von Dynamo Kiew oder IFK Göteborg nahmen fast alle Klubs die Kombination Sport und Spaß sehr ernst. Dies verdeutlicht Hennie Bakker, der als Trainer von Ehrendivisionär Sparta Rotterdam, TOGB Berkel und RVV Schiebroek vergeblich einem Turniersieg hinterherlief: „Das Langfördener Pfingstturnier ist sportlich sehr interessant, weil sich dort der Nachwuchs von Profiklubs und Amateurvereinen treffen. Ebenso wichtig sind aber die angenehme Atmosphäre und die Freundlichkeit der Gasteltern. 

Für meine Jungs war Langförden immer die Abschlussfahrt einer Saison, und sie haben dabei sehr viel Spaß gehabt. Als Trainer bei Sparta Rotterdam habe ich viele internationale Turnier erlebt, aber Langförden war immer ein einmaliges Erlebnis. Wenn ich heute ehemalige Spieler treffe, sprechen wir immer noch über Langförden.“ 

Im EURO-Jahr 2000 stieg ebenfalls auf dem Bomhof eine kleine Europameisterschaft mit 14 Teams, darunter sechs aus dem Ausland. Eine rundum gelungene Sache war dabei der Sportabend, der von Hermann Wempe (Sport Duwe) gemanagt wurde. Zum reizvollen Ambiente gehörte dabei die Autogrammstunde des wie immer lockeren Bundesliga-Profis Ansgar Brinkmann aus Bakum. 

Auch wenn in den letzten Jahren die Turnierspiele um den „Cup der Stadt Vechta“ häufiger durch heftige Regenschauer getrübt wurden, gestalteten sich die Internationalen stets als voller Erfolg. Jugendwart Taske genoss die Wolkenbrüche sogar in vollen Zügen, blieb seine hohe Stirn über die Pfingsttage endlich mal von den obligatorischen Sonnenbränden verschont.

 

Die größte Karriere eines C-Jugendspielers, der beim Pfingstturnier spielte, hat sicherlich Torhüter Michael Landreau (siehe rechts) gemacht. Neben dem Kaptiän des französischen Meisters FC Nantes schafften zwei holländische Jungs eine Zeit lang den Sprung in die dortige Ehrendivision: Michael Rensurm und Torhüter Arnold Toet absolvierten einige Erstliga-Spiele für Sparta Rotterdamm, spielen jetzt aber in der höchsten Amateurliga.

 

Ohnehin spielt der Fußball nicht die alleinige Geige bei den Internationalen. „Das Turnier dient der Völkerverständigung im weitesten Sinne. Auf dem Pfingstturnier werden Kontakte geknüpft und beibehalten“, macht Aloys Faske deutlich. Der Turniersprecher hält die zwischenmenschlichen Kontakte für wichtiger als den sportlichen Aspekt. „Wenn der Jan aus Le Cellier jedes Jahr da ist und mit seinem Sohn seinen Geburtstag feiert und von der ganzen Mannschaft Kümmerling überreicht bekommt, so was gehört einfach dazu“, schmunzelt er. Das wird für ihn auch in den nächsten  Jahren noch so sein: „Ich hab mal gesagt, dass ich das so lange mache bis ich 25 Jahre dabei bin und dabei bleibe ich auch. Mein silbernes Jubiläumsturnier möchte ich schon noch feiern.“

Der Sport als völkerverbindende Brücke – es gibt in Deutschland sicher kein besseres Beispiel dafür als die Städtepartnerschaft zwischen Langförden und Le Cellier in der französischen Bretagne. Zum  Gründervater avancierte die Fußballjugend. 

Die Kontakte zum AS Le Cellier kamen im Jahre 1985 über Herbert Farwick zu Stande. Farwick war damals bei der Firma Kathmann in Calveslage beschäftigt, die Verbindungen mit der Firma Grimaud in Roussay, rund 65 km von Le Cellier entfernt, hatte. Auf eine Anfrage des damaligen Geschäftsführers gab der Präsident des dortigen Fußballvereins die Einladung an Jaques Andouin, einem Trainer in Le Cellier, weiter. Über dessen Dolmetscherin Marguerite Bodenez wurde die erste Teilnahme der Franzosen am Pfingstturnier perfekt gemacht. Noch im Sommer des gleichen Jahres folgte BW Langförden einer Einladung der Franzosen und reiste mit zwei A-Jugendmannschaften für eine Woche in die Bretagne. Neben vielen Feiern und Besichtigungen (Nantes, La Baule, Le Croissic, Weingut Athimon) standen natürlich Spiele auf dem Programm. Die A-Jugendteams beherrschten dabei eindeutig ein Pokalturnier mit fünf Mannschaften. Die erste „A“ kämpfte nach Siegen über Le Cellier (2:0), La Roussay (5:0) und Mauves (7:0) in einem echten Finale gegen die eigene „B“ um den Gesamtsieg. Nachdem Frank Niehaus die zweite A-Jugend in Führung geschossen hatte, glich Matthias Averbeck in der Schlussphase zum 1:1 aus und sicherte der Ersten damit den Gesamtsieg in diesem kleinen Turnier, in dem  jeder gegen jeden spielte.

Im Nachhinein zeigten sich die Langfördener von der Gastfreundschaft in der 2700-Seelen-Gemeinde an der Loire sichtlich begeistert. Jedoch hatten sie auch darunter zu leiden. So erinnert sich der langjährige BWL-Vorsitzende Ignatz Stukenborg: „Der Herbert Farwick hatte zum Abschied zwei Kaninchen geschenkt bekommen, die er mit in den Bus nahm. Doch mit der Zeit konnte keiner mehr den Gestank der Viecher aushalten, so dass Busfahrer Hubert Deters die Kaninchen bei aufgehender Sonne vor einer Haustür in irgendeiner Siedlung einfach abgestellt hat.“

 

Im Laufe der Jahre sollte es aber nicht bei diesem einmaligen Besuch bleiben. Mittlerweile reist die Langfördener C-Jugend jedes Jahr zu Ostern nach Le Cellier und Mauves um an einem Turnier mit über 20 Mannschaften teilzunehmen. Und es entwickelte sich die bekannte Städtepartnerschaft, zu der auch der Schulaustausch gehört.

 

Teams aus ganz Europa lockten die „Internationalen“ nach Langförden, doch der Weg führte die Langfördener auch weg nach Europa. Viele Freundschaften entwickelten sich, davon profitierten vor allem die heimischen Nachwuchskicker, denen das Pfingstturnier nicht nur ein Spektakel vor der eigenen Haustür bietet. Neben den alljährlichen Gegenbesuchen beim AS Le Cellier in Frankreich bleiben auch die Fahrten zu Jaszbereny SE nach Ungarn Erlebnisse fürs Leben. 

Im Zwei-Jahres-Takt setzt sich der Tross nach Jaszbereny in Bewegung. Die Ungarn stiegen erstmals 1995 über die Partnerschaft mit der Stadt Vechta ins Pfingstturnier ein. Der damalige BWL-Klubchef  Ignatz Stukenborg sprach auf einem Empfang der Stadt Vechta über den Fußballsport in Vechta, der anwesende Sportminister von Jaszbereny bekam sofort große Ohren. Noch im Sommer desselben Jahres reiste Langfördens C-Jugend nach Jaszbereny und belegte bei dem Turnier einen hervorragenden fünften Platz.

 

Neben den mittlerweile traditionellen Fahrten nach Frankreich und Ungarn trat BW Langförden auch im wahrsten Sinne des Wortes einmalige Reisen an. Ignatz Stukenborg erinnert sich besonders gerne an die Polenfahrt seiner A-Jugend vom 22. bis 30. Juli 1986, als man vier Tage in Bielsko-Biala und zwei Tage in Lodz weilte. „Das war wirklich einmalig. Die beste Reise, die ich je mitgemacht habe“, strahlt Stukenborg. Damals stand noch der eiserne Vorhang, die Einreisevorschriften waren streng. „Die Garderobe war genau vorgeschrieben. Und meine Frau musste sich als Masseurin ausgeben“, lächelt der damalige A-Jugendcoach über seine Tricks.

 

Die Kontakte in den Osten knüpfte Herbert Farwick über einen polnischen Studenten, der für eine Woche bei der Familie Farwick wohnte. Neben der Besichtigung des Konzentrationslagers Auschwitz  (Stukenborg: „Die Jungs waren mucksmäuschenstill“)  bestritten die Blau-Weißen zwei Testspiele gegen Bielsko-Biala (5:1) und Widzew Lodz (2:1). An das Spiel gegen den polnischen Erstliga-Nachwuchs erinnert sich Stukenborg genau: „Ein super Spiel vor knapp 200 Zuschauern. Wir haben 2:1 gewonnen, und Ralf Herrmann hat beide Tore gemacht.“ Die Langfördener wurden in Lodz wie richtige Stars empfangen. „Die Jungs mussten im Treppengang des Stadions Autogramme schreiben“, war Ignatz Stukenborg sichtlich verblüfft.

 

Nach dem Testspiel in Lodz wurden er  und Herbert Farwick sogar mit Chauffeur vom Hotel ins Klubhaus zu einem Empfang des Präsidenten gebracht. „Der war richtig beleidigt, dass die verloren haben“, erzählte so „Stuki“ noch heute ganz stolz.

 

Eine  weitere  große Tour führte eine A- und B-Jugend zum Aberdeen Lad’s Club nach Schottland. „In jedem Zweikampf gab’s da was auf die Rippen, da haben die Jungs was gelernt“, erinnert sich der einstige Betreuer Georg Büssing an die Freundschaftsspiele. Die Unterbringung war vom Feinsten: Jeder hatte im Studentenwohnheim ein Einzelzimmer, für sechs Zimmer stand eine eigene Küche zur  Verfügung, wo die Jungs kochen mussten.

 

Neben vielen Besichtigungen wie Stadion und Fischereihafen blieb bei Büssing eins haften: In der Ölstadt kippten sich die Arbeiter in den Pubs ab 17.00 Uhr dicht und schliefen an  Theke und  Tischen. Je nach Kneipe erklang kurz vor 22.00 oder 23.00 Uhr  ein Glockenschlag, und der Wirt rief „The last one“. Beim nächsten Glockenschlag standen alle – auch die Schlafenden – wie Computer auf und gingen nach Haus. Alkohol für Jugendliche gab es überhaupt nicht, jeder musste seinen Ausweis vorzeigen. Einen Schutzengel hatten die Jungs ebenfalls: Als Busfahrer „Bobby“ Deters die einsamen Straßen in Richtung Schottland kutschierte, kam ihm auf der rechten Fahrbahn plötzlich ein Auto entgegen. „Oh, nu bin ick verkehrt“, schaltete Bobby im letzten Moment wieder auf Linksverkehr um